Es ist ein schöner Sommermorgen. Die Sonne schickt gerade ihre ersten Sonnenstrahlen auf den Weg. Und im Wald beginnt das Morgenleben. Am Waldrand, bei einer Lichtung schläft ein Haus. Es schläft schon sehr lange, sehr sehr lange. Aber an diesem Morgen passierte es. Es wacht auf. Als es die ersten Sonnenstrahlen erreichte fängt es an zu blinzeln. Nach und nach wird es wacher und wacher. Es freut sich über den schönen Sonnenaufgang und den warmen Morgen. Doch schon bald trübt sich die Freude des kleinen Hauses. Es merkt, dass niemand zu Hause ist. Es schaut im ganzen Haus, es ist niemand da. Und es sieht so aus, als hätte schon lange niemand mehr in ihm gewohnt. Das Haus wird traurig und fängt an zu weinen. Es ist allein, niemand wohnt in ihm. Wer weiß, wie lange es schon allein ist, wie lange hat es geschlafen.
Nach einer Zeit der Traurigkeit, beschließt das Haus, mit aufrechtem Dach durchs Leben zu gehen. Und es fasst einen Entschluss: es macht sich auf die Suche nach jemanden, der in ihm wohnen wollte.
Es dauert nicht lange, da trifft das Haus auf ein Reh. Das Reh gefiel ihm und das Haus beschloss, es zu fragen, ob es in ihm wohnen wolle. Doch das Reh lachte nur und antwortet: „Ich brauche ja kein Haus, ich lebe im Wald, auf den Wiesen und Feldern.“
Das Haus zieht weiter, und es dauert nicht lange, da kommt ein Fuchs des Weges. Frohen Mutes fragt das Haus den Fuchs, ob er in ihm wohnen wolle. Der Fuchs lehnt jedoch mit den Worten ab: „Ich habe in der Nähe ein unterirdisches Haus, wo ich mit meiner Familie wohne. Aber vielen Dank.“
Das Haus lässt aber nicht locker und zieht weiter. Es muss doch jemanden geben, der mit ihm leben wolle. Schließlich gab es ja in der Vergangenheit auch jemanden, der in ihm gewohnt hatte. Das Haus ärgert sich kurz, dass es sich nicht mehr erinnern kann, wer dies war. Es müsste ja nur jene Gattung finden, die ihn ihm wohnte.
Es tauchen nach und nach Fragen beim Haus auf: Gibt es auch andere Häuser, die gleich aussehen? Es hatte nämlich noch nie ein gleichartiges Haus gesehen. Wo sind diese? Wenn es eines finden würde, könnte es schauen, wer in ihm wohnte.
Und wie es so gedankenversunken des Weges marschierte, steht auf einmal ein Fasan vor ihm. Das Haus erschrickt. Der Fasan aber spricht: „Fürchte dich nicht! Was machst du so gedankenlos auf dem Weg. Das kann gefährlich sein.“ Das Haus erwidert: „Ich bin nicht gedankenlos, ich suche einen Bewohner?“ Und sofort fragt das Haus den Fasan: „Willst nicht du in mich einziehen?“. Der Fasan lacht: „Ich bin doch viel zu groß, ich passe gar nicht hinein.“ Der Fasan hat Recht, auf das hatte das kleine Haus bisher gar nicht geachtet. Das Reh, der Fuchs, der Fasan, alle sind ja viel zu groß.
Das Haus schöpft neuen Mut, bedankt sich beim Fasan und macht sich auf die Suche nach möglichen kleinen Bewohnern. Es begegnet einem Hasen, einem Dachs, einem Eichhörnchen. Alle sind aber zu groß.
Da sieht es plötzlich hoch oben in einem Baum wie sich etwas bewegt, von der Größe her könnte es passen, aber wie mache ich mich bemerkbar? Es versucht alles, schreien, umherhüpfen, winken. Und tatsächlich wird es bemerkt. Der potentielle Bewohner bewegte sich von der Baumspitze Richtung dem Haus am Boden. Es ist ein Falke, der etwas essbares vermutet. Das Haus ist sich der Gefahr noch nicht bewusst wurde aber trauriger und trauriger, als der Falke – je näher er kommt – immer größer wird. Auch er ist zu groß. Und der Falke erkennt im letzten Moment, dass das Haus keine geeignete Mahlzeit ist und dreht wieder ab.
Das Haus geht traurig weiter. Es wird Abend und das Haus sucht sich einen Platz zum Schlafen. Da sieht sie eine große Eiche, unter der es sein Lager aufschlägt. Es macht es sich am Baumstamm in einem Moosbeet gemütlich. Es ist müde und traurig und schluchzt vor sich hin. Da hört es plötzlich eine Stimme aus dem Baum ober ihm: „Warum weinst du den liebes Haus?“ Und aus dem Baum fliegt eine Eule zum Haus hinunter. Das Haus erzählt von seinem Schicksal und die Eule lauschte aufmerksam. Zum Schluss sagt das Haus traurig: „Und du bist auch zu groß, du hast auch nicht Platz.“ Die weise Eule jedoch, ist die erste, die so ein Haus kennt und schon gesehen hatte: „Liebes Haus, ich weiß, was du für ein Haus bist und wer in dir normalerweise wohnt.“ Sofort kommt das Lächeln beim Haus zurück und es wird ungeduldig: „Wer, wer ist es?“. „Du bist ein Schneckenhaus“ und eine Schnecke ist normalerweise dein Bewohner.“ sagt die Eule. „Aber ich muss dir auch etwas trauriges sagen, die Schnecke, die in dir gewohnt hat, ist leider verstorben.“
Das Haus wird wieder traurig, aber zumindest weiß es jetzt, nach wem es suchen musste – nach einer Schnecke, die in ihm wohnen wollte. Das Haus schläft ein.
Als es am nächsten Morgen aufwacht, weiß es nicht mehr, ob es die Begegnung mit der Eule nur geträumt hatte oder ob es echt war. Aber es ist auch egal, denkt das Haus, ich suche eine Schnecke. Und es machte sich wieder auf den Weg.
Das Haus ist fröhlich und hüpft durch die Gegend. Da kommt ein Käfer von einem Baumstamm heruntergeklettert. Gleich kommen die beiden ins Gespräch und das Haus fragt, ob der Käfer weiß, wo es Schnecken finden kann. Und das Haus hat Glück, der Käfer weiß, wo die Schnecken zu finden sind und erklärte dem Haus den Weg. Das Ziel vor Augen marschierte das Haus los und es dauert auch nicht lange, da war es am Waldrand, wo auch ein kleiner Teich ist. Dort sollen sich laut dem Käfer viele Schnecken aufhalten. Das Haus ist glücklich, als es ein zweites Haus von der Ferne sieht, und je näher es kommt, desto größer wird die Ähnlichkeit. Kein Zweifel, es ist ein Schneckenhaus, und es wohnt auch eine Schnecke drin. Die Freude ist riesengroß. Doch diese Schnecke kann kein zweites Haus – also einen Nebenwohnsitz brauchen. Es dauert aber nicht lange, da trifft unser Haus auf eine Schnecke ohne Haus. Es glaubt, endlich einen Bewohner gefunden zu haben, doch die Schnecke lacht nur und sagt: „Ich bin ja eine Nacktschnecke, ich brauche kein Haus.“ Und so trifft das Schneckenhaus viele Schnecken, doch entweder haben diese ein Haus oder sie brauchten keines. Es wird wieder traurig und fängt an zu weinen. Die Hoffnung, je einen neuen Bewohner zu finden, sinkt. Da kommt dem Haus eine Idee: die weise Eule. Sie hat auch gewusst, was ich für ein Haus bin, sie weiß sicher auch jemanden, der in mir wohnen will. Sofort bricht das Haus wieder auf, um die Eule zu suchen. Es hat einen guten Orientierungssinn, so ist es gegen Einbruch der Dämmerung wieder beim Baum der Eule.
Und es dauert auch nicht lange, da erwacht die Eule. Das Haus kann die leuchtenden Augen hoch oben auf dem Baum sehen. Auch die Eule bemerkte, dass das Haus wieder zurückgekehrt ist und fliegt zu ihm hinunter. „Na liebes Schneckenhaus, hast du schon Erfolg gehabt?“ fragt die Eule. Und das Haus schildert die erfolglose Suche, erzählte von den Schnecken, die alle ein Haus haben oder keines wollten. „Liebe Eule, gibt es nicht noch andere Tiere, die in mir wohnen könnten. Du bist ja weise und kommst viel herum.“ Die Eule überlegt, das Haus wartet voller Spannung. „Ja, liebes Haus. Ich habe von kleinen Krebsen gehört, die in leere Schneckenhäuser einziehen.“ Das Haus macht einen Luftsprung und will gleich wissen, wo es denn diese Krebse finde. Da spricht die Eule: „Es hat aber auch einen Haken, wenn ein Krebs, ein sogenannter Einsiedlerkrebs bei dir einzieht!“ Das Haus schaut verdutzt, es kann sich nicht vorstellen, was das sein soll, das einzige was zählt ist, dass jemand einzieht und es nicht mehr alleine ist. Die Eule erzählt weiter: „Ein Krebs lebt zum Großteil im Wasser und so bist auch du einen Großteil deines Lebens im Wasser.“ Das Haus ist erleichtert: „Das macht mir nichts aus, wo finde ich den die Krebse?“ Die Eule erklärt dem Haus, den Weg und am nächsten Morgen geht die Reise los.
Das Haus ist schon mehrere Wochen unterwegs, als es eines späten Nachmittags an jenem Ort ankommt, den die Eule beschrieben hatte. Und es ist einer der schönsten Augenblicke für das Haus, denn es dauert nicht lange, als es ein Krebs entdeckt und näher kommt. Die beiden sind sich auf Anhieb sympathisch und der Krebs geht ins Haus.
Ein schöner Moment, denkt sich der Krebs: „Endlich zu Hause“.
Ein schöner Moment, denkt sich das Haus: „Endlich wieder Leben im Haus“.
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